Die Folgen des marktförmig organisierten Wohnens sorgen mit unaufhörlich steigenden Mieten, teuren Modernisierungen oder baulichen Mängeln aufgrund fehlender Instandhaltung offenkundig bei vielen Mietern für erhebliche Belastungen. Während Konservative und Liberale die Lösungen für die Wohnungsnot im bestehenden System suchen, äußern linke Politiker, Forscher und Aktivisten aus der Mietenbewegung hingegen meist den Anspruch, eine grundlegende Kritik an den Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt zu üben. Die vorgebrachte Kritik wird diesem Anspruch aber meist nicht gerecht und unterliegt selbst Illusionen und Verkürzungen.
In dem Vortrag werden anhand von verschiedenen Beispielen gängige Elemente identifiziert, die einer Gentrifizierungskritik entgegenstehen,
die dem Gegenstand angemessen ist. Werden einzelne Personen oder der Finanzsektor für Missstände verantwortlich gemacht; wird an das
Gemeinwohl appelliert und Eigennutz kritisiert; die Lösung im Staat gesucht oder der naive Glaube geäußert, es müsse nur die richtige
Politik gemacht werden, damit sich die Probleme lösen ließen, handelt es sich dabei um Pseudo-Kritik, die das zugrundeliegende Kapitalverhältnis
und die Rolle des Staates nicht reflektiert und dabei nicht selten Ressentiments stärkt.
Marius Strohdiek studiert im Master Wirtschafts- und Sozialgeographie mit dem Schwerpunkt städtische Räume an der Universität Leipzig und ist seit 2020 studentischer Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Wem gehört Connewitz?“ des Instituts für Regionalwissenschaft am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Seine Schwerpunkte liegen in der Auseinandersetzung mit oberflächlicher Kapitalismuskritik im Allgemeinen und Gentrifizierungskritik im Besonderen sowie der Kritik des Antisemitismus.